Undercover-Flirting (Das Remake)

Undercover-Flirting (Das Remake)

Notiz: Alle Zitate in diesem Beitrag sind ECHT und auf dieser Plattform geschehen, ebenso wie die Bilder mich, und Konsekutiv auch meinen Recycling Bin auf Windows erreicht haben.

In einer Zeit, weit vor der Ächtung von so spaßigen Dingen wie Catfishing und Bloßstellung menschlich weniger kompatibler Verhaltensweisen gab es Gerüchte. Gerüchte über Inkompatibilitäten von Frauen mit Parklücken und über den generellen Intelligenzquotienten von Männern in der Zeit der Paarungsbereitschaft.

Ganz meiner Intuition der Investigativen Recherche folgend wollte ich herausfinden, ob letzteres wirklich der Wahrheit entsprüche. Für ersteres fehlt mir definitiv der Führerschein, selbstverständlich. Nun ging es daran, eine Vorgehensweise und ein Ziel auszuspähen.

Ich kann bei der Forschung glücklicherweise auf ein Repertoire meines zweiten Ichs zurückgreifen, nur für die scherzhaft genannte Kriegsbemalung fehlt mir die Expertise. Doch genau für Fälle wie diesen habe ich meinen Joker in der Hand, oder besser, im Telefonbuch.

Eine Bekannte, die ganz gut in solchen Dingen ist und sich bereitwillig für so eine Aktion bereiterklärt hat, unterzog mich, oder besser, mein Gesicht einer mehrstündigen Grundbehandlung. Spachtelmasse, Eyeliner, Mascara, Augenbrauenzupfer, so als Kosmetikerin hatte sie alles da. Ich musste auch nur ein einziges Mal in die ganze Palette niesen, als es an meine Augenbrauen ging.

Das Ergebnis konnte sich dann aber, nach einer fast Dreistündigen Tortur sehen lassen, und, wie es früher in „Ein Käfig voller Helden“ hieß, Ich sah so gut aus, ich hätte mich selbst gedatet!

Gib mir deine Komplimente, du geile Sau!

Katja, ein Name, den ich mir nicht selbst ausgesucht habe, kam da zum gloriosen Vorschein und wurde in einer ausgiebigen Fotosession abgelichtet. Ein passendes Foto hatte ich, meine Identität war eh‘ schon geklärt, also musste ich mich nur noch auf ein Ziel einschießen – und das war mit der damals Recht beliebten Plattform, die die Motion eines Drehkreisels als Deutsche Domain hatte, schnell gefunden.

Dort waren Zweitaccounts erlaubt und, meiner Handwerkskunst eigenentwickelter Identitäten entsprechend, musste ich auch nicht lang werkeln, damit meine Identität dort auch ganz plötzlich sehr legitimiert erschien. Mit Bildern von der Wilhelmshavener Küste, und einem leicht umdefinierten Wohnort in Kiel ging mein Wissen vom Meer nahtlos in eine gebildete junge Studentin an der Uni Kiel über.

Auf Spin gibt es hunderte, wenn nicht gar tausende Chaträume aller Arten. Um meine Forschungsdaten nicht zu verfälschen, vermied ich die Räume, die Explizit zum Flirten geeignet waren, sondern betrat nur Plauderstuben zum geselligen Quatschen.


Doch auch hier war Frau nicht vor von südlich des Gürtels gesteuerten Subjekten sicher, denn eine Sage aus alten Zeiten des Internets besagt:

In vielen Nachrichten zeigt sich, dass ein Großteil der Männer offenbar glaubt, für Frauen existiere nur ein Kriterium, um die Eignung eines Mannes als Sexualpartner festzustellen: Ein Penis, der so Hart und Groß ist, dass man damit Nashornschädel zertrümmern kann.

(Frei nach Christian Schmidt, klopfers-web.de)

Meine erste Privatnachricht stammt aus „näherer Umgebung“, also aus Hamburg. Nach den üblichen Fragen nach Alter, Geschlecht und Ort, drei Dinge, die man mit einem Blick auf das Profil ganz leicht erspähen kann, gibt er sofort Gas und geht aufs Ganze:

Kann ich deine Telefonnummer haben? Und dich vielleicht morgen schon abholen?

Notgeiler Sack Numero Uno.

Laut seinem Profil, 28 Jahre, ist er ein Christ, und hält Homosexualität und LGBTQ für eine Sünde, die mit dem Tod bestraft werden sollte, auch, wenn es nur durch Assoziation geschieht. Nun, da habe ich (oder sein Imaginärer Chef) ein paar unausgesprochene schlechte Nachrichten für ihn, doch auch meine Nachrichten der sexuellen Verzweiflung reagiert er nicht mehr. Offenbar ist auch das Verweigern der Telefonnummer an einen Wildfremden eine Todsünde.

Noch während mich der Hamburger Erektivkomapatient zutextet, habe ich ein unglaublich eloquentes

hiiiii

in meinem Seitenbriefkasten. Ich bin entsetzt ob dieser gar unheimlichen Sprachgewalt. So einer absolut überwältigenden Nachricht kann nur ein vor Herzschmerz und vollendeter Liebe triefender Aufsatz zur ewigen Verbindung und unendlichen Vereinigung folgen. Tut es aber nicht, denn Kapitän Mehrfach-I folgt spontan mit

Hast du skype und cam du suesse maus?

Spontan gehen mir sowohl Skype als auch meine Webcam in einem Hölleninferno aus Feuer und Schwefelgeruch auf, also muss ich seine Anfrage leider verneinen. Enttäuscht, mich nicht direkt im Videochat mit seinem drei Meter Lustschwengel beglücken zu dürfen, bin ich auch direkt blockiert. Schade, hätte lustig werden können.

Völlig unbemerkt oder vielleicht abgelenkt von eventuellen drei Metern zusammenhängenden Fleischpeitschen, habe ich einen dritten Flüsterchat offen.

Kanst du mir dein num gebe??????????

Moecht dich trefen!1

Exempel des Status deutscher Rechtschreibung bei Untererwachsenen

Diese und andere Variationen in immer stärker bettelnden Variationen wiederholen sich immer und immer wieder, und als ich mich dann endlich erbarme und seiner Lust nach mehr antworte, legt auch dieser los. Auf meine Verneinung, ihm meine Telefonnummer einfach mal so auszuhändigen, wird er etwas fordernder.

Ok aber kanst du mit bitte noch par foto von dir schiken ok?
weil hast du hier nur ein foto
moechte dich gerne sehen
ist fuer einsame stund
machs du kuescheln?????????

Guck mal Mama! Ein Fotowichser!

Mit einem leichten Anflug von Irrsinn in der Stimme begreife ich, dass die Mannheit nicht grundsätzlich doof ist, sondern nur chronisch untervögelt. Der Bilderfetischist geht offline und schickt mir zum Abschied ein Bild seines Schwengels. In meinen Breitengraden sagt man eher Tschüss, oder Bye, in seinen Kreisen ist allabendliches Penisverabschieden anscheinend besser ausgeprägt.


Selbst in diesen Dödeltechnisch anstrengenden Zeiten bleibt mir aber keine Atempause, denn mein Postfach nähert sich gefährlich der Gratisnutzer-Grenze an eingehenden Nachrichten. Gleich die Erste Mail enttarnt mich, eine Nutzerin hat schon erkannt, dass sich unter der Gesichtsbemalung ein Mann versteckt und fragt mich nach meinen Motiven aus.

Ehrlicherweise (ich bin ja kein Vollarschloch) antworte ich, dass ich dies für eine Story tue und gerne von übergriffige Nachrichten berichte, wie das so ist. Achja, und zum Lachen. Sie findet die Idee großartig und es hat sich daraus eine Freundschaft entwickelt, die bis heute hält. Die meisten Mails im Spin-Postfach sind Fleisch-Pilze von variierender Länge, Dicke und Durchblutung, und ich mache mir einen Spaß daraus, jeden einzelnen Versender an die Plattform zu melden – DAS ist nämlich laut Regeln nicht erlaubt.

In der Flut an Männern, die gerne mal mit ihrer Fleischwurst an fremde Autos dengeln würden, versuche ich, eine ordentliche Konversation zu halten. Schwer fällt es allen, aber ich entdecke zwischen Hohler Pringles-Dose und Drei Tage verkümmerten Champignon einen älterer Herren.

Laut Profilbild das Hemd die letzten 20 Jahre durchgetragen, trotz Gewichtszunahme um 50 Kilogramm, dementsprechend ein Luftarmes, knallrotes Gesicht. Vom restlichen Aufbau des Gesichts erinnerte er mich an Irgendwas zwischen einem Grottenolm und dem Nacktmull aus Kim Possible, nur mit weniger Charakter.

Hey Du! Ich wuerde gerne mal etwas ohne meine frau unternehmen. Haettest du lust, mal mit einem alten segelschiff neue dinge zu erlernen?

Wenn du gefallen daran findest, kann man das bestimmt auch mal zu dritt machen!

Oida, wenn der was zu dritt macht, verliert die CSU ihre Stammwählerschaft!

Ich verstehe, der Ausgang mit dem Leuchtschild „Untervögelt“ an jedem Haus gehört wohl bald auch an Pflegeheime, besonders solche mit langanhaltenden, weniger liebevollen Ehen. Immerhin hatte er den Anstand, mir keinen Penis zu schicken. Hätte bestimmt wie so eine Faltige Englische Bulldogge ausgesehen.


Aus Zeitgründen hatte ich schon eine Weile keinen öffentlichen Chatraum mehr offen, und es stellt sich heraus, dass du als Frau auf so einer Plattform nur existieren musst, damit dich einsame Männer in der Hochpotenzbrunft für ein williges Opfer ihrer Unwiderstehlichkeit halten.

Ein weiterer Chat öffnet sich. Mein Subjekt ist 28, Lebt in Oberösterreich und mag „Radeln, Hiphop und geile Madln“.

hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

wie alt bist du???????

Leseschwäche. So wichtig!

Habe ich schon erwähnt, dass es fett im Profil steht und sogar hinterm Usernamen angezeigt wird? Nein? Dann fühlt euch von hieran Informiert. Da steht überall „KatjaDee(25)“ dran. Und ja, ich habe mich Jünger gemacht. Das darf Frau doch echt.

KatjaDee(25): Bin 25.

ErSuchtSie(28): Bin 28, zu alt?

KatjaDee(25): Zu alt fuer was?

ErSuchtSie(28): Treffen

KatjaDee(25): Warum wollen eigentlich alle immer einen sofort treffen?

Die Meisten meiner Subjekte würde ich lieber mit fauligem Obst treffen

Seine Antwort hatte ich mir in den Jahren nach dieser Konversation eingerahmt und an die Wand geheftet:

Weil du ein heisses Teil bist, vielleicht?

Ich verfalle temporär in eine fötale Stellung, sowohl vom Lachen als auch vom Weinen. Ich, ein heißes Teil? Was hat er an diesem (femme) fatalen Abend geraucht? Die Aussage allein spricht nicht für den Frauenanteil auf Spin, um ganz ehrlich zu sein.


Im Fest der Eichelkäsesondierung gehen so einige Gespräche unter, man darf halt nur 5 private Dialoge offen haben, so dass ältere Gespräche einfach gelöscht werden, wenn man sie nicht aktiv hält. Doch die letzten aktiven Gespräche zu der Zeit waren etwas besondereres: Alle vier davon wollten nur fuer mich nach Deutschland kommen! Zwei davon hatten sogar schon Flugtickets mit dem nächsten Linienflugzeug, einem Luxuriösen Airbus A380 zum Kiel Airport.

Kiel Airport, meine Damen und Herren:

Wenn da ein A380 landet, dann höchstens als Uboot in der Ostsee.

Dieser Gentlemanhaftigkeit konnte mein schwaches Studentinnenherz nicht widerstehen, und einer meiner Umwerber aus Kenia sandte mir sogar Flugtickets zu Ihm nach Kenia zu, von Kiel direkt zu ihm in Nairobi, in „Forst Class“[sic!]. Ich müsse ihm nur die Versandgebühren noch per Western Union erstatten, dann würde er sie direkt losschicken und wir würden gemeinsam ein neues Leben beginnen. Seine Brautwerbung geht aufgrund meiner gespielten Schüchternheit noch weiter:

Kenya(31): WHat are you looking for here?

Katja(25): Just friendships, chatting…

Kenya(31): Ok
Kenya(31): welcome
Kenya(31): let me be open with you, I am looking for a partner so we can build a strong relationship.

Katja(25): I was expecting that. (Manchmal muss mein Innerer Sarkast dann ja doch mal raus.)

Kenya(31): Really? Will YOU be the right one for me? Would you marry me?

Och ja, aber ein Gutes Hochzeitskleid würde mir ja schon stehen 🙂

Holla die Waldfee, ein Heiratsantrag noch im ersten Gespräch. Ich fantasiere noch mit ihm über die schönsten Kleider, aber der hat wirklich einen fett gemästeten Vogel abgeschossen, doppeltes Brathühnchen de(x)luxe.


Er schickt mir weiter Bilder von seiner Heimat und Links zu fragwürdigen Kenianischen Onlinegeschäften mit Brautkleidern, doch ich muss ihn damit vertrösten, dass ich gleich zu einer Vorlesung in der Uni muss und man sich später schreibt.

Gleichzeitig bekomme ich völlig unverhofft Post eines Nutzers, dessen Orthografie einer symbolischen Entjungferung eines Esels gleichkommt. Sein erster Satz an mich allein sorgt für einen feuchten Slip.

Wir is lanweilch one freundin

Man beachte die kreative Auslegung von Vokalen und Konsonanten.

Allein durch diese Wortgewalt zweifle ich meine Zeugungsfähigkeit an und trotz, dass die davon nichts mitbekommen haben, rennt draußen eine Grundschulklasse schreiend auseinander. Leider war das auch sein einziger Satz an mich. Hoffnungsvolle Ansprachen an seinen Fortpflanzungsantrieb blieben unbeantwortet, vielleicht hatte er seinen Elan und Mut für heute komplett aufgebraucht.


Es sollte aber nicht so ruhig bleiben, und ich hatte endlich jemanden normales an der Angel. Normal genug, dass er sich zu einem ausgewachsenen Stalker entwickelte. Kuschelbärchen25(25) war von Anfang an auf Liebe programmiert, hatte sich alle Updates für ewige Romanzen heruntergeladen und war bereit, mich nach allen Regeln der Kunst zu verführen und schlussendlich flachzulegen.

Kuschelbaerchen25(25): So katja, ich werde jetzt mal off gehen, falls du interesse hast, wuerde ich gerne wieder mit dir schreiben. Es ist okay, ich gehe schlafen, kannst auch mit in mein bett kommen

Auf meinen Hinweis, dass das aus Kiel sehr schwer sein würde und man sich vielleicht vorher kennenlernen sollte, gab es Antwort um Antwort…

Kuschelbaerchen25(25): Ich wuerde auch platz machen fuer eine suesse wie dich.

Kuschelbaerchen25(25): Ich traeume heute nacht von dir suess

Gut zehn Minuten später hatte ich einen Link von ihm im Postfach zu seiner Cloud. Wenn ihr einen starken Magen habt, googelt mal nach Cum-Tribute. Sonst lasst es lieber sein, es beinhaltet ein Foto und eine Menge Menschlichen „Heißklebers“. Es dürfte relativ klar werden, dass ich die Nacht weder gut geschlafen noch gut geträumt habe.


Viele meiner Subjekte konnte ich allerdings auch schon am Profil aussortieren. Da gibt es Stilblüten menschlichen Versagens, das ist der Wahnsinn. Das Profil eines Nutzers namens „pr0fesor“, dessen Name mir einen stolzen Migräneanfall bescherte, beispielsweise beinhaltete Gruppen, mit denen er sich sozialisierte.

So standen unter seinen favorisierten Gruppen die absoluten Knaller

12-99: Beim Alter macht die Liebe keinen Unterschied

GEGEN TIERVERSUCHE!

Für alles offen und nichts zu schade!

Alles klar, klingt doch nach einem Klasse Exemplar zur Genvermischung, zur Prokreation und zum Altwerden auf der Veranda. Was sind denn so seine Vorlieben?

Matratzensport

Okay, vielleicht mag er nicht alles von sich erzählen oder schämt sich, zuzugeben, dass er sich ein Loch in die Matratze zum Bumsen reingeschnippelt hat. Ach komm‘, mein hochwortgebildeter Freund, vielleicht magst du dich ja deinen schlechten Eigenschaften öffnen?

„mogst net wisse“

Dein Lieblingsautor vielleicht?

„was ist das?“

Protip: Ein Autor ist sowas wie ich, nur besser und bringt Bücher raus.

Okay, dein Lieblingsbuch?

„wos ist des?“

Ja, ich habe in gutem Glauben nach einem Buch diesen Namens gesucht. Nein, ich glaube nicht, dass er ein Buch meint.

Komm schon, gib mir irgendwas! Lieblingsmusiker oder Bildungsgrad, vielleicht beides in einem Wort?

Hanssöllneraggrobushidosidofler

Jau, glatt von der Bildungsanstalt geflogen. Perfekt. Sag mal, was isst du denn gern, „pr0fesor“?

„Schweinsbroden mit schmoizige knedln“

Ladies and Gentlemen. Ich bin fertig. Mehr als das muss ich nicht lesen, um vor Lachen zu sterben, ähm… ich meine natürlich vor Fruchtbarkeit in alle Säfte zu zerfließen…

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