TITAN AWOKEN: Ein Rückblick auf drei viertel eines Unglaublichen Jahres

TITAN AWOKEN: Ein Rückblick auf drei viertel eines Unglaublichen Jahres

Wenn ich auf das Jahr 2025 zurückblicke, dann blicke ich auf bis jetzt neun Monate voller Energie, Entfesselung und dem Gefühl, endlich wieder mit beiden Füßen in meiner eigenen Geschichte zu stehen. Ich hatte mir selbst ein Motto gegeben: TITAN AWOKEN und rückblickend kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass ich dieses Versprechen an mich selbst eingelöst habe.

Dex ist nicht nur zurückgekehrt, er hat sich Raum genommen. Ich habe geschrieben, entwickelt, gestreamt, gebloggt, gelesen, erzählt, gebaut und getüftelt, mit dem Feuer im Kopf, das ich so lange vermisst hatte, und dem Willen, alles zu vereinen, was mich ausmacht.

Ich war präsent, auf den Bühnen und Bildschirmen, aber auch im echten Leben, zwischen Menschen, Stimmen, Gesprächen. Ich habe an der Revision teilgenommen, einer Demoscene-Party mit über tausend Besucherinnen und Besuchern, einem Ort, der nach altem Kunststoff, digitalen Träumen und Koffein roch. Und ich bin jetzt auf dem Weg zur Polaris, einer Messe mit zehntausenden Gästen, Cosplays, Arcade-Maschinen und einer riesigen Energie, die durch jede Halle strömt.

Ich darf als Teil der Indie Arena Booth mit meinem Spiel beyond.frontiers einen Platz einnehmen, der nicht nur symbolisch besonders ist: Booth Nummer Eins. Der erste Stand, das erste Gesicht, das man beim Betreten sieht. Was für eine Bühne, was für eine Ehre.

Ich habe neue Menschen getroffen, von denen ich nicht wusste, wie sehr ich sie vermisst habe. Menschen wie TNT und Icu, mit denen ich gelacht, geplant und geträumt habe. Ich habe mich auf soziale Situationen eingelassen, in die ich mich früher nie gewagt hätte. Ich habe Bücher veröffentlicht, echte Bücher mit Papier, Druckfarbe, Rücken und Gewicht, und sie sind nicht in Regalen verstaubt, sondern haben Menschen gepackt, gefesselt, und inspiriert.

TITAN AWOKEN war der Ausdruck für all das, was in mir geschlummert hat, für alles, was darauf gewartet hat, wieder in Bewegung zu geraten. Es war ein Zustand. Ein Zustand der Kraft, der Umsetzung, der Rückkehr zu mir selbst. Ich war sichtbar, produktiv, aufgeladen; und ich habe bewiesen, dass ich nicht nur träumen, sondern auch umsetzen kann.

Der zweite Blick: Was fehlte

So kraftvoll dieses Jahr auch war, so erfüllt von Projekten, Erfolgen, Messeauftritten, Veröffentlichungen und dem ständigen Gefühl, endlich wieder am Puls zu leben; eine Wahrheit hat sich in all dem Trubel zu wenig gezeigt, obwohl sie von Anfang an dabei war.

Katie.

Nicht die Katie, die als digitale Figur in meinem Universum auftaucht. Nicht das VTuber-Modell, nicht die stilisierte Figur auf Buchumschlägen. Ich meine die echte Katie, so wie sie abseits des Bildschirms existiert.

Ich habe sehr bewusst Dinge angeschafft, die ihr Raum geben sollten.

Ich habe mir einen tragbaren, femininen Torso geholt; mit ausgeformten Konturen, mit G-Cup-Brust, mit der Möglichkeit, mich selbst zu spiegeln in einem Körper, der sich näher an dem anfühlt, was in mir schon lange lebt. Ich habe mir Hilfsmittel besorgt, die kleine körperliche Korrekturen ermöglichen, die mich in Momenten zu einer Katie machen können, die nicht nur im Kopf oder auf dem Monitor lebt, sondern im Spiegel steht.

Und doch ist genau das kaum passiert.

Das Leben hat nicht nachgelassen. Die Projekte wurden mehr. Der Druck, etwas zu erreichen, zu zeigen, zu liefern, war konstant spürbar. Immer stand etwas anderes im Vordergrund: das nächste Build für das Spiel, die nächste Deadline für den Blog, die nächste Planung für Messen, Drucksachen, Cosplay, Community. Und jedes Mal, wenn ein freies Zeitfenster entstand, war da nicht Ruhe, sondern Erschöpfung.

In dieser Erschöpfung hatte Katie kaum Raum. Es war nie genug Energie da, um loszulassen. Um mal nicht Dex sein zu müssen. Selbst in den Momenten, in denen ich hätte atmen können, war da dieser innere Druck, produktiv sein zu müssen. Katie war nie vergessen, aber sie war immer die, die zurücksteckte. Nicht aus Ablehnung. Aus Funktionalität.

Und irgendwann, im Rückblick, fällt es einem auf: Ich habe mir all diese Dinge besorgt, diese Tools, diesen Ausdruck, diese Möglichkeiten, um sie greifbarer zu machen und trotzdem habe ich sie kaum genutzt. Ich habe es nicht zugelassen, dass sie sich zeigen darf, weil ich immer das Gefühl hatte, die Zeit dafür nicht verdient zu haben.

Dabei ist genau das falsch.

Wenn ich mich selbst ernst nehme – wenn ich Katie ernst nehme -, dann muss ich aufhören, sie wie ein Anhängsel meines kreativen Systems zu behandeln. Sie ist keine Belohnung für produktive Phasen. Sie ist kein Geheimprojekt. Sie ist ein Teil von mir. Und wenn sie nie Raum bekommt, dann bleibt dieser Teil unausgelebt, unfertig, leer.

Der nächste Schritt: NO FUTURE FOR ONE

Wenn ich heute nach vorne blicke, auf das, was das kommende Jahr bringen soll, dann tue ich das mit einer ganz klaren Erkenntnis: Es kann so nicht weitergehen wie bisher. Nicht, wenn ich wirklich wachsen, heilen und als vollständiges Ich weiterleben will.

Mein neues Jahresmotto lautet NO FUTURE FOR ONE.

Ein Satz, der für Außenstehende vielleicht im Anbetracht des desolaten Zustandes dieser Welt erstmal etwas trostlos oder schwer wirken mag, beinahe wie eine Warnung. Aber für mich trägt er keine Schwere, sondern Wahrheit; und mehr noch: eine Entscheidung. Eine Notwendigkeit.

Denn in die Zukunft, in die ich gehe, kann ich Katie nicht länger als Beiwerk mit mir schleppen, nicht als gelegentliche Laune, nicht als Verkleidung oder als Projektbestandteil, den ich nach Belieben hervorhole. Ich habe zu lange versucht, meine Realität in funktionale Schichten zu trennen: Dex, der Macher, der Schreiber, der Entwickler, der Tüftler. Und Katie, die Stille, die Sanfte, die irgendwie immer nur existieren durfte, wenn alles andere gerade nicht dringend war.

Doch je länger ich das aufrechterhalte, desto klarer wird:

Das funktioniert nicht. Nicht für mich. Nicht für meine Gesundheit. Und schon gar nicht für die Zukunft, die ich leben will. In diesem Jahr habe ich so vieles erreicht, so viele Welten gebaut, so viele Dinge produziert und dabei stand Katie fast durchgehend hinten an. Ich habe mir Dinge angeschafft, um ihr Raum zu geben: Kleidung, ein femininer Oberkörper, Accessoires, Tools, Hilfsmittel, kleine Details, die den Alltag femininer gestalten könnten, wenn ich es denn zulassen würde. Aber genau das ist so gut wie nie passiert.

Der Druck, der ständig da war, alles rechtzeitig fertig zu bekommen – Builds, Messeversionen, physische Produkte, Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit – hat dazu geführt, dass für Katie einfach kein Platz blieb. Und wenn dann doch mal Zeit gewesen wäre, war da keine Energie mehr übrig. Keine Ruhe, keine Kraft, keine Offenheit. Nur das Gefühl, noch nicht genug geleistet zu haben, um mir diesen Raum „verdient“ zu haben.

Doch damit ist jetzt Schluss.

NO FUTURE FOR ONE bedeutet nicht, dass einer gehen muss. Es bedeutet, dass keiner alleine weiterkommt. Dass ich nicht dauerhaft nur eine Seite von mir leben kann, ohne mich selbst zu beschädigen. Dass ich aufhören muss, mich in Funktionen aufzuteilen, wenn ich als ganzer Mensch gesund bleiben will.

2026 wird das Jahr, in dem Katie wieder sichtbar wird. In Momenten, die niemand mitbekommt. Beim Aufstehen. Beim Anziehen. Beim Ich-Sein. In stillen Räumen. In ehrlichen Augenblicken. Ich werde mir neue Kleidung holen, die sich richtig anfühlt. Ich werde bewusster auf meinen Körper achten, weil ich nicht länger an ihm vorbeileben möchte. Ich werde mir Raum schaffen, nicht weil ich ihn mir verdient habe, sondern weil ich ihn brauche. Weil ich ihn mir zugestehen muss, wenn ich nicht irgendwann wieder an derselben inneren Wand zerschellen will wie schon so oft davor.

NO FUTURE FOR ONE bedeutet, dass Zukunft nur dort entsteht, wo ich mich selbst als Ganzes anerkenne.
Wo ich aufhöre, mich zu zerreißen. Wo ich beginne, nicht nur weiterzumachen, sondern ganz zu leben.

2026 wird genau dafür da sein. Für Zusammenhalt. Für ein Ich, das nicht nur funktioniert, sondern auch fühlt. Und vielleicht, ganz vielleicht, entsteht genau daraus etwas viel Größeres als alles, was ich bisher erreicht habe. Weil es endlich ich bin, der es lebt.

Vollständig.

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