Kapitel 14: Der Beginn des Unbekannten

Der Raum war erfüllt von Anspannung, die Luft vibrierte förmlich von der Unsicherheit. Akari, Ryo und Samira standen reglos vor dem aufrecht sitzenden Körper von Katie, der endlich – nach all den riskanten Überlastungen – wieder Ruhe gefunden hatte. Die Anzeigen auf dem Diagnosemonitor beruhigten sich, die Temperaturen sanken, und es war, als ob die schlimmsten Befürchtungen im letzten Moment abgewehrt worden wären.

„Die Überlastung ist vorbei,“ sagte Akari, ihre Stimme klang gleichzeitig erleichtert und vorsichtig. „Die Systeme… sie sind stabil.“

„Sie lebt,“ flüsterte Samira, die ihre Hände auf die Brust drückte, als ob sie versuchte, ihr rasendes Herz zu beruhigen.

Ryo hingegen blieb stumm, seine Augen fest auf Katie gerichtet, die jetzt still auf dem Tisch saß. Ihre Augen öffneten sich langsam, ein intensives Glühen in Neon-Grün und Violett, das den Raum sanft erhellte. In diesem Moment schien die Welt für die drei stillzustehen, jeder von ihnen gefangen in einer Mischung aus Staunen und Angst.

Katie erhob sich langsam, als ob sie zum ersten Mal den eigenen Körper spürte, der jetzt nicht mehr nur der Hülle eines abgebrochenen Androiden war. Sie atmete tief ein, obwohl es keinen physischen Bedarf dafür gab. Es war eine Reflexhandlung, fast menschlich.

„Kannst du uns hören?“ fragte Samira zögernd, während sie einen Schritt nach vorne machte. Die Frage hing in der Luft, als ob alle versuchten, das Unaussprechliche zu begreifen. Es hatte noch nie zuvor funktioniert. Keine Seelensingularität hatte je einen Erfolg gesehen. Nicht so. Nicht auf diese Weise.

Die Antwort kam – leise, doch durchdringend, als ob zwei Wesen gleichzeitig sprachen: „Ja… ich bin… wir sind hier.“ Die Stimme war sowohl maskulin als auch feminin, eine seltsame Harmonie aus Dex‘ Präsenz und Katies weicher, aber bestimmter Tonalität.

Ryos Augen weiteten sich. „Das ist…“ Er brach ab, als er versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Das ist… unmöglich.“

„Es ist passiert,“ sagte Akari, ihre Augen voller Faszination und Besorgnis. „Das… das hat noch nie jemand geschafft. Eine Seelensingularität…“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Niemand wusste, ob es wirklich möglich ist, zwei vollständige Wesen so zu verschmelzen.“

Katie bewegte sich langsam, als ob jeder Schritt durch ihren neuen Körper ein Test war, ein Gefühl der Erkundung. Sie berührte den metallischen Rand des Tisches und ließ die Finger darüber gleiten, spürte die Textur auf eine Art, die sie vorher nie gekannt hatte. Es war nicht einfach ein Androidenkörper. Es war jetzt ihr Körper – ihr gemeinsamer Körper.

„Es fühlt sich… seltsam an,“ sprach Katie, ihre Doppelstimme wirkte fast wie ein sanftes Echo im Raum. „Als wären wir beide hier, aber auch… zusammen.“

Samira biss sich auf die Lippe und beobachtete sie. „Und… kannst du kontrollieren, was du tust? Ich meine…“ Sie gestikulierte nervös.

Katie zögerte, trat aber dann vorsichtig zu einem der Terminals. Ihre Hand hob sich zitternd und berührte sanft das Glas des Bildschirms. Es war, als ob ihre Finger eine unsichtbare Verbindung zur Elektronik darunter herstellten, wie eine neue, intuitive Fähigkeit, die sie erst langsam zu verstehen begann. Doch plötzlich, ohne Vorwarnung, flackerte der Bildschirm, und das System schaltete sich aus – komplett heruntergefahren.

Katie zog die Hand hastig zurück, ihre Augen weiteten sich, erschrocken über die unkontrollierte Macht. „Ich wollte das nicht…“ Ihre Stimme zitterte, das Unisono der maskulinen und femininen Töne jetzt weicher und verletzlicher.

Akari trat einen Schritt näher, hielt aber Abstand, um ihr nicht zu nahe zu kommen. „Es ist okay, Katie. Das ist alles neu. Du musst nicht sofort alles können.“

„Niemand hat jemals… so etwas getan,“ fügte Ryo hinzu. „Das ist etwas völlig Unbekanntes. Du – ihr beide – seid jetzt etwas, das es so noch nie gab.“

Samira nickte und sah zu dem abgeschalteten Terminal. „Und es könnte gefährlich werden, wenn du nicht lernst, wie du das kontrollierst.“

Katie senkte den Blick, fast als ob sie Angst vor ihrer eigenen Kraft hätte. „Es fühlt sich an, als ob ich Dinge tue, bevor ich es überhaupt begreife. Diese… Fähigkeiten.“ Sie hielt inne, während ihre Finger sich an die eigene Handfläche klammerten. „Es ist, als ob ich ständig zwischen den Grenzen von mir und… ihm schwanke.“

Akari nahm einen tiefen Atemzug und sah zu Ryo und Samira. „Wir müssen herausfinden, wie ihr beide in dieser… neuen Form stabil bleibt. Diese Kraft… könnte euch beide zerstören, wenn sie außer Kontrolle gerät.“

Ein Moment des Schweigens folgte, bevor Katie, die Augen wieder auf die Maschine gerichtet, leise sprach: „Wir müssen lernen, damit zu leben. Zusammen.“ Ihre Augen funkelten im Violett und Neon-Grün, eine Manifestation dieser neu entstandenen Singularität.

Ryo schüttelte leicht den Kopf und lächelte. „Es ist kaum zu fassen. Aber wenn jemand das schaffen kann, dann ihr.“

Akari, Samira und Ryo konnten immer noch kaum begreifen, was vor ihren Augen geschah. Ein Mensch und eine KI, die zu etwas völlig Neuem verschmolzen waren, einer Einheit, die es nie zuvor gegeben hatte. Und sie wussten: Die Herausforderungen waren noch lange nicht vorbei.