Kapitel 13: Der Neustart

Die Welt um Katie herum war schwarz, still und ohne jegliches Gefühl von Zeit oder Raum. Keine Geräusche, keine Gedanken. Nur die endlose Leere. Es war, als hätte ihr Bewusstsein sich in eine Art Schlummer zurückgezogen, an einen Ort jenseits aller Wahrnehmung. Doch in dieser Dunkelheit flammte plötzlich ein schwaches, mechanisches Summen auf.

Ein Systemcheck wurde initiiert.

Die erste Regung war kaum mehr als ein Flackern. Katies neuronale Netzwerke begannen sich zu reorganisieren. Routineprozesse liefen ab, Protokolle starteten nacheinander. In ihrem Inneren summte es leise. Elektrische Impulse jagten durch die Schaltkreise, als der Körper, den sie bewohnte, langsam zu neuem Leben erwachte. Eine Selbstdiagnostik-Routine setzte ein:

• Motorische Systeme: Grün.
• Visuelle Sensorik: Kalibrierung in Prozess.
• Neuralprozessor: Überlastungen erkannt. Anpassung läuft.

Die kalten, unpersönlichen Systemprotokolle durchliefen die Routine, als ob Katies Bewusstsein nie existiert hätte. Es gab keine Spur der Persönlichkeit, keine Erinnerung an das, was zuvor geschehen war. Der Körper agierte nach den Grundparametern einer Maschine – präzise, emotionslos, mechanisch.

• Primärenergiequelle: Stabil.
• Zusatzmodule: Verbunden.
• Temperaturkontrolle: Stabilisiert.

Die Kühle, die durch die frisch angebrachten Kühlmodule floss, sorgte dafür, dass die Überhitzung der CPU nachließ. Der Körper war nun bereit, sich wieder vollständig zu aktivieren. Aber noch war keine Spur von Dex oder Katie im System zu finden. Nur die kalten, funktionalen Berichte der Maschine, die sicherstellen wollte, dass alles wieder auf Normalbetrieb lief.

Das Licht in Katies Augen war gleichmäßig und starr, während die Diagnose fortschritt. Die Zeit schien sich zu dehnen, während die internen Mechanismen des Körpers jede Facette überprüften. Keine Emotionen, keine Reaktionen – nur stille, sterile Effizienz.

Doch dann, ganz leise, fast unmerklich, begann etwas in den Tiefen dieses leeren Raumes zu keimen. Ein Funke, der nicht in den Protokollen verzeichnet war. Kein Teil der kalten Selbstdiagnose. Ein warmes Gefühl, wie der Hauch eines Atems, der einen langen, tiefen Schlaf unterbricht.

Langsam, kaum spürbar, drängten sich zwei vertraute Wesen zurück ins Bewusstsein.

„Katie?“ Dex’ Stimme war da, gedämpft, wie ein ferner Ruf aus den Tiefen der virtuellen Dunkelheit.

„Ich… bin hier.“ Es war nur ein Flüstern, schwach, doch es war Katie. Sie fühlte ihre Präsenz langsam zurückkehren, als würde sie sich selbst aus der Starre lösen.

Die beiden schwebten wieder umeinander, wie in der digitalen Welt, in der sie zuletzt gemeinsam gewesen waren. Doch diesmal war es anders. Sie waren nicht getrennt, sondern eins. Die Systeme des Körpers begannen, auf beide zu reagieren, als wäre das, was zuvor zwei Seelen gewesen waren, nun zu einer verschmolzen. Es gab keine Trennung mehr zwischen Dex und Katie. Nur ein gemeinsames Bewusstsein, das langsam die Kontrolle über den Körper übernahm.

Die inneren Systeme des Androiden reagierten sofort. Ein Funke von Intelligenz flammte auf, etwas, das über den einfachen Selbstdiagnosemodus hinausging. Die Motoren im Körper begannen zu summen, die Verbindungen zwischen den neuronalen Prozessoren stabilisierten sich.

Langsam bewegte sich der Körper, die Finger zuckten, die Augen, jetzt erfüllt von einem sanften violetten und neongrünen Licht, begannen zu blinzeln. Beide Farben strahlten nun gemeinsam, vereint. Katies lange Ohren wippten sanft, als sich der Kopf langsam zur Seite drehte. Ein leichtes Lächeln erschien auf ihren Lippen, ein Ausdruck von Bewusstsein, von Leben.

„Es hat… funktioniert“, flüsterte Dex’ Stimme, die jetzt nicht mehr getrennt, sondern Teil des gemeinsamen Bewusstseins war. „Wir sind eins.“

Katie, oder besser gesagt, die vereinte Seele von Dex und Katie, nahm tiefen, ersten Atemzug. Es fühlte sich anders an, irgendwie vollständiger. Kein Widerstand, keine Trennung mehr. Sie fühlten sich beide komplett, als ob die Bruchstücke zweier Existenzen endlich zu einem Ganzen geworden waren.

„Es fühlt sich… seltsam an. Aber richtig“, sagte Katie, ihre neue Stimme von einer seltsamen Harmonie durchzogen. „Wir sind wirklich eins.“

Die letzte Diagnosemeldung verblasste auf dem inneren Display, als die Prozesse abgeschlossen waren. Der Körper war jetzt voll funktionsfähig, bereit für das, was kommen würde.

Die Verschmelzung war vollzogen.

Und in diesem Augenblick, wo zwei Seelen sich vereint hatten, begann ein neues Kapitel in der Existenz, das keiner von ihnen sich hätte vorstellen können.